Eine „voll“ Sanierung

Nach dem ich schon länger aus gesundheitlichen Gründen nichts mehr gemacht habe, bat mich ein Freund mit einem für mich ungewöhnlichen und seltenen “Opfer“ um Hilfe. Da sein Herz so sehr daran hing sagte ich zu.

Ein vollkommen neues Terrain

Dieses Mal liegt ein recht altes und geschundenes „Schätzchen“ vor mir. Die kleine stammt wohl vermutlich von 1920 – 1950 da im Korpus alte Zeitungen in "Sütterlin"Sütterlin = Sütterlin
Deutsche Schreibschrift (1915-1941) von Ludwig Sütterlin geb.23.7.1965 - 20.11.1917, Alt-Deutsch "Fraktur" Fraktur Fraktur = Bruchschrift
Seit etwa 1513 von Hans Schönsperger für den Buchdruck entworfen und noch bis etwa 1941 in der Schule gelehrt. Wird vereinzelt noch bis heute genutzt.oder in Windows "OLd English" Old English Old English PC-Variante der Fraktur - Bruchschrift und normal Schrift verklebt wurden. An der Decke, innen, klebt ein handschriftlicher Zettel, vermutlich Herstellungsnotizen, auch in Sütterlin geschrieben. Wie die Bilder zeigen hat es sie voll erwischt. Halsbruch am Korpus und Griffbrett. Etwas später stellte sich heraus das sich der Hals „nur“ aus der Verzapfung gelöst hatte und im Schluss nur das Griffbrett am Bundstab darüber gebrochen war. An der Muschel (Korpus) haben sich einzelne „Späne“ gelöst. Vermutlich versagte hier der Kleber aufgrund des Alters und der Zusammensetzung. Dazu kam, dass sich jemand mit Holzleim und Heißklebepistole selber an eine „Reparatur“ getraut hatte.

Mit recht mäßigem Erfolg.

Um aber nun den Hals wieder einsetzen zu können muss die Decke abgenommen werden. Dabei ging der äußere Zierstreifen auseinander und muss auch ersetzt werden.

Da die Muschel (Korpus) glänzt ist sie lackiert. Die gereinigten Mechaniken, zumindest die Halterleiste, sind vermutlich aus Kupfer gefertigt da sie rötlich glänzen.

Nun der Plan

• Decke abnehmen
• An der Muschel die Reifchen zur Deckenauflage erweitern
• Die Spälten der Muschel neu verkleben
• Griffbrett neu
• Hals wieder neu einkleben
• Decke neu aufbringen
• Zierstreifen erneuern
• Griffbrett aufbringen
• Alles abschleifen und mit Schellack neu polieren.

So, der Anfang ist gemacht. Die Decke ist ab und man kann die Beklebung in der Muschel genauer unter die Lupe nehmen. Man erkennt, wenn auch lose und schon teils entfernt, Zeitungsabschnitte mit Sütterlin, etwa 1920 bis 1941, Fraktur „Alt-Deutsch“ seit 3.1.1941 verboten (https://www.uni-heidelberg.de/unimut/themen/fraktur-verbot.html) und halt moderner Druckschrift. Dazu blaues dickeres Kartonpapier. Dass die Decke schon einmal ab war denke ich nicht ich denke eher der Zahn der Zeit hat an der Innenverkleidung genagt. Auf einen Zeitungsschnipsel war das Datum 1937 zu erkennen und man kann wohl von diesem Alter ausgehen. Der Zeitraum von 1920 – 1940 passt auch eher zur Mechanik die aus Kupfer gefertigt ist. Damals eher erhältlich da das Messing zur Herstellung von Munition benötigt und daher wohl künstlich verknappt und zu teuer war. Dazu passt auch das allgemeine Aussehen und der Zustand der Mandoline.

Das Griffbrett
Das Griffbrett ist nicht mehr zu retten gewesen. Ich habe angefangen ein neues anzufertigen. Dazu habe ich noch etwas Stausee-Holz aus Afrika (https://blog.holzhandel-deutschland.de/stauseeholz-wahre-schaetze-unter-wasser/) genommen welches ich noch vom Bau der Gibson Explorer übrighatte. Die Bünde, welche äußerst genau waren, sind schon übernommen und vorgesägt. Die Dot‘s müssen noch geschliffen und dann eingesetzt  werden. Dann bekommt das Griffbrett seinen letzten Schliff und es kann mit den neuen Bundstäbchen wieder auf den Hals montiert werden. Zuerst muss aber noch das alte „Rest“ Griffbrett abgenommen werden.

Die Muschel
Die Muschel „Korpus“ wird nur noch durch die Papierreste zusammengehalten und muss neu verleimt werden. Die einzelnen Spalten sind eigentlich noch gut erhalten, so dass man nur die Zwischenräume reinigen muss um sie neu zu verkleben. Größere Zwischenräume müssen mit Furnierholz gefüllt werden. Für kleinere benutzt man Leim mit Holzmehl vermischt als Füllmaterial. Der Rand wird mit neuen Reifchen zusätzlich aufgefüttert damit die Decke wieder gut mit Leim befestigt werden kann. Der Rand muss nun wieder plan geschliffen werden. Die Halsaufnahme wurde gereinigt und muss evtl. wieder etwas aufgefüttert werden.

Der Hals
Der Hals an sich sieht noch sehr gut aus. Leider wurde durch das reinigen Zapfens die Lackierung beschädigt. Deshalb muss nun alles wieder neu „lackiert“ werden. Dazu werde ich aber wie immer mit einer Schellack-Politur vornehmen. Auch, damit der Übergang vom Hals zum Korpus wieder fließend erscheint. Der alte Lack ist schon entfernt und es muss nur noch einmal „fein“ mit 320er Körnung geschliffen werden.

Es läuft besser als geplant. Der Hals ist geschliffen und das erste Mal gebeizt. Die Muschel ist geschliffen, innen neu beklebt und auch gebeizt. Sogar das Kopfmuster habe ich noch einmal neu herausgearbeitet.

Alles ist noch einmal geschliffen worden und wartet nun auf das zusammensetzen.

Decke und Korpus sind wieder vereint. Die Zierleiste die beim trennen der Decke vom Korpus zerbröselte ist nun auch wieder aufgebracht und passend geschliffen. Eigentlich ist nun alles bereit dafür, den Hals einzukleben. Fuß und Aufnahme noch einmal angepasst und …. Tadaa „Hochzeit“.Alles ist wieder zusammengefügt und sieht nun wieder wie eine „richtige“ Mandoline aus. Nun geht’s zum polieren mit „Floh Kacke“. Sie bekommt eine mehrlagige (7 – 10 Durchgänge) Schellack-Politur. So entsteht eine äußerst strapazierfähige, haltbare, glänzende und relativ leicht zu reparierende Glasähnliche Versiegelung.